Sonntag, 4. September 2011

Philobat I

“Angstlust und Regression” gerade hinter mit gelassen. Balint schrieb1959 ein Buch, welches mich heute berührt und mir eine neue Sicht gewährt auf Erfahrungen und mich sehr erleichtert, weil es mich frei macht von pathologischen Beschreibungen. Das Finden von Worten bleibt mein Weg zu internalisieren, also werde ich jetzt versuchen zu übersetzen, was dieses Buch für mich bedeuten kann.
Es wird unterschieden zwischen Philobaten und Oknophilen. Die Welt des Philobaten besteht aus freundlichen Weiten, die mehr oder weniger dicht mit gefährlichen und unvorhersehbaren Objekten durchsetzt sind. Die oknophile Welt baut sich aus physischer Nähe und Berührung auf, die philobatische Welt aus sicherer Distanz und Fernsicht. Der Oknophile vertraut darauf, dass sein Objekt ihn gegen dir leere, unvertraute und möglicherweise gefährliche Welt beschützen werde. Der Philobat hat das Gefühl, dass er mit seiner Ausrüstung gewiß mit jeder Situation fertig werden könne und er werde wohl trügerische Objekte zu vermeiden wissen.
Die philobatischen Haltungen hängen mit der Trennung vom Objekt und mit dem Blick danach aus der Distanz zusammen, mag diese noch so klein sein. Die Haltung kann sich erst entwickeln, wenn gefühlsmäßig die Tatsache anerkannt worden ist, dass Subjekt und Objekt getrennt existieren, daß also beide auch ohne engen Kontakt miteinander weiterleben müssen und werden. Die Anerkennung der Tatsache, dass Leben, Zärtlichkeit und Güte auch dann moch möglich sind, wenn man entweder zeitweilig oder für immer vom Liebesobjekt getrennt ist. Erst nachdem dies emotional bejaht wurde, ist man fähig, dem Liebesobjekt zu erlauben, nunmehr seinen eigenen Weg zu gehen und ihm gegenüber “Rücksicht” oder gar “ Nachsicht” zu üben.
Während der Oknophile sich bei Gefahr zusammenkauert und sich an das vermeintlich beschützende Objekt klammert, bietet der Philobat der Gefahr die Stirn, um sie im Auge zu behalten, hält sich von Objekten fern, die falsche Sicherheit bieten, und steht aus eigener Kraft aufrecht da. Ihm ist nur seine Freiheit wichtig, und anscheinend kümmert er sich nicht sehr darum, ob er geliebt wird oder nicht, da er gewiß ist, daß er nötigenfalls die Liebe eines jeden Objektes erringen kann, wenn er will.
“Letztlich kann das wirkliche Ziel niemals durch Anklammerung erreicht werden. Es besteht ja darin, vom Objekt gehalten zu sein, und nicht, sich verzweifelt daran anzuklammern, dieses Gehaltensein sollte erfolgen, ohne daß man auch nur den Wunsch danach äußern muß.”

2 Kommentare:

  1. Hallo Marion, dein Eintrag ist zwar schon ein paar Jahre her, aber erst heute entdeckte ich ihn :) Ich glaube, ich bin beides: Philobat und Oknophilist :) Sehr interessant!

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